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So klappt's mit dem Überwachen der Proteinaufnahme

« WeCare Blog | November 17, 2021 |
Lifestyle
Cooking

Man kann wohl davon ausgehen, dass alle, die mit Diabetes leben, den Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Kohlenhydraten und deren Wirkung auf den Blutzuckerspiegel kennen. Schließlich gehört es seit Jahren zum Diabetesmanagement dazu, Menschen mit Diabetes Typ 1 darin zu schulen, wie sie ihre Insulingaben an die Menge der Kohlenhydrate anpassen, die sie mit ihren Mahlzeiten zu sich nehmen (Kohlenhydrate zählen).

Haben Sie aber schon mal darüber nachgedacht, ob sich Protein auf Ihren Blutzuckerspiegel auswirkt und daher auch bei der Insulindosierung berücksichtigt werden sollte?

Diese Auswirkung gibt es tatsächlich. Einfach ausgedrückt, führt die Aufnahme von Protein in der Regel dazu, dass der Blutzuckerspitzenwert direkt nach der Mahlzeit niedriger ausfällt, der Blutzucker aber ein paar Stunden später erneut ansteigt. Kompliziert wird die Sache dadurch, dass der Verlauf davon abhängt, welche Proteinmenge aufgenommen wurde und ob dazu Kohlenhydrate und Fett verzehrt wurden oder nicht.1

Zuerst das Wichtigste über Proteine

Proteine (auch als Eiweiß bezeichnet) sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Nahrung. Sie liefern das Baumaterial für unsere Zellen, Gewebe und Organe und spielen eine wichtige Rolle bei vielen physiologischen Prozessen. Wenn wir Proteine zu uns nehmen, können wir auch unseren Heißhunger auf Süßes reduzieren, und wir bleiben nach Mahlzeiten länger satt.1

Der Proteinanteil in unserer Nahrung kann von Pflanzen oder Tieren stammen. Zu den gesünderen Proteinquellen zählen:

  • Bohnen, Erbsen und Linsen
  • Sojaprodukte
  • Nüsse und Nussmuse
  • Fisch
  • Mageres Fleisch wie Huhn und Pute
  • Joghurt

Sprechen wir über Protein und Diabetes Typ 1

Aus einem Übersichtsartikel, der mehrere Studien zur Wirkung von Proteinen in den Mahlzeiten auf den Blutzuckerspiegel bei Menschen mit Diabetes Typ 1 zusammenfasst, erfahren wir Folgendes:2

  • Die Aufnahme von Proteinen führen zu einem erhöhten Insulinbedarf.
  • Proteine führen zu einem verspäteten und anhaltenden Anstieg des Blutzuckerspiegels.
  • Dieser Anstieg des Blutzuckers zeigt sich nicht unmittelbar nach der Mahlzeit, sondern 1,5 bis 4 Stunden später.
  • Die Wirkung hängt davon ab, ob nur Proteine oder auch Kohlenhydrate und Fett aufgenommen werden:
    • Wenn eine Mahlzeit nur Protein enthält (z. B. ein Stück gedämpften Fisch), muss erheblich mehr Protein aufgenommen werden, um den verzögerten und anhaltenden Anstieg des Blutzuckerspiegels hervorzurufen (ungefähr 75 g Protein).
    • Wenn Proteine zusammen mit Kohlenhydraten und Fett aufgenommen wird (z. B. ein Steak mit Pommes frites), reicht schon eine geringere Proteinmenge aus, um diese Wirkung zu erzielen (ungefähr 12,5 g Protein).
  • Außerdem ist es von Person zu Person unterschiedlich, welche Auswirkung Protein auf den Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit (den postprandialen Blutzucker) hat.

Was bedeutet das also für Sie?

Proteinzählen – geht das und lohnt sich das?

Wissenschaftlich betrachtet ist noch nicht klar, ob sich das „Proteinzählen“ praktisch in den Alltag von Menschen mit Diabetes Typ 1 einbinden lässt. Das Bestimmen der Proteinmenge ist nicht so eindeutig wie das Kohlenhydratzählen, weil ihre Wirkung auf den Blutzuckerspiegel nicht nur von der Art der Mahlzeit, sondern auch von der jeweiligen Person abhängt.

Es gibt verschiedene Algorithmen für die Insulindosierung, die den Proteinverzehr berücksichtigen. Weil das Proteinzählen so komplex ist, wird es nicht sehr oft in die alltägliche Praxis einbezogen.3

Die US-amerikanische Diabetesgesellschaft American Diabetic Association empfiehlt, den Blutzuckerspiegel ≥ 3 Stunden nach einer Mahlzeit erneut zu messen, um zu überprüfen, ob eine weitere Insulinanpassung nötig ist.4

Jede Entscheidung muss mit Ihrem Diabetes-Team besprochen werden, da immer eine sorgfältige Überwachung des Blutzuckers nötig ist. Die Anpassung der Insulindosis hängt davon ab, welche Art von Insulin mit welcher Methode verwendet wird.

Bisher gibt es keine Leitlinien, die Proteinzählen als Bestandteil des Diabetesmanagements empfehlen. Die Leitlinien raten jedoch zu gesunden Essgewohnheiten und zur Aufklärung von Menschen mit Diabetes Typ 1, wie sie ihren Blutzucker überwachen und ihre Insulindosis an ihre Nahrungsaufnahme anpassen können.4

Wir haben dazu folgende Vorschläge für Sie:

  • Erstellen Sie gemeinsam mit Ihrem Diabetes-Team einen Plan für eine ausgewogene und nahrhafte Ernährung.
  • Überwachen Sie Ihren Blutzuckerspiegel ab 3 Stunden nach einer proteinreichen Mahlzeit sorgfältig
  • Nutzen Sie gesündere Proteinquellen (meist pflanzlichen Ursprungs) und genießen Sie mageres Fleisch und Fisch nur zwei bis drei Mal in der Woche.

Abschließende Gedanken

Proteine können sich zwar auf den Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit auswirken, sind aber ein wichtiger Bestandteil der täglichen Ernährung. Wenn Sie sich mit den Wirkungen von Protein auskennen, können Sie gemeinsam mit Ihrem Diabetes-Team daran arbeiten, Ihre Insulindosen entsprechend anzupassen. Oft vergessen wir, dass wir nichts übertreiben sollten. Zählen Sie also einfach Ihre Kohlenhydrate und genießen Sie Proteine als Bestandteil einer ausgewogenen und nahrhaften Mahlzeit!

Literatur

  1. Oberg E. Type 1 diabetes diet food plan guidelines. https://www.medicinenet.com/. 2020 Available at: https://www.medicinenet.com/type_1_diabetes_diet/article.htm. [Accessed September 2021]
  2. Evert AB. Factors beyond carbohydrate to consider when determining meantime insulin doses: protein, fat, timing and technology. Diabetes Sprectr. 2020;33[2]:149-155.
  3. Herron A, Sullivan C, Brouillard E, Steenkamp D. Late to the party: importance of dietary fat and protein in the intensive management of type 1 diabetes. A case report. J Endocr Soc. 2017;1[8]:1002-1005.
  4. Evert AB, Dennison M, Gardner CD et al. Nutrition therapy for adults with diabetes or prediabetes: a consensus report. Diabetes Care. 2019; 42: 731-754.