Der Sprung vom Teenager zum jungen, verantwortungsvollen Erwachsenen
Der Schritt vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen ist ein wichtiger Moment. Wenn Sie mit Typ-1-Diabetes leben, können einschneidende Ereignisse wie der Auszug von zu Hause, das Eingehen sozialer (und romantischer) Beziehungen, der Besuch einer Universität oder Fachhochschule oder die Aufnahme der ersten Vollzeitbeschäftigung das optimale Blutzuckermanagement oftmals in Frage stellen.1 In dieser Phase Ihres Lebens ist der Umgang mit Insulin und das Zählen von Kohlenhydraten vielleicht das Letzte, woran Sie denken.
Die Last der Verantwortung
Begrifflich fallen „junge Erwachsene“ in die Altersgruppe 18 bis 30 Jahre,2 was ein breites Spektrum an Lebenserfahrungen und Kompetenzen abdeckt. In diesem Alter wird von vielen Menschen mit Typ-1-Diabetes erwartet, dass sie die Zügel ihrer Diabeteseinstellung selbst in die Hand nehmen,2 unabhängig davon, ob sie sich wirklich bereit dazu fühlen oder nicht.1
Zahlreiche Studien haben in der Versorgung von Menschen mit Typ-1-Diabetes eine Lücke zwischen dem Jugend- und dem Erwachsenenalter festgestellt.1,2 Eine Studie ergab, dass mehr als ein Viertel der jungen Erwachsenen beim Übergang von der pädiatrischen Medizin in die medizinische Versorgung für Erwachsene eine Unterbrechung von mehr als sechs Monaten erlebten.2 Neben anderen konkurrierenden Interessen (beispielsweise dem Erwerb des Führerscheins) ist dieses Phänomen möglicherweise mitverantwortlich für die schlechteren Gesundheitsergebnisse in diesem sensiblen Lebensabschnitt.1,2
Im Gegensatz zu Teenagern haben junge Erwachsene mit Typ-1-Diabetes oft mehr emotionale Sorgen und sind durch Diabetes stärker belastet.1 Der Vergleich mit Menschen derselben Altersgruppe ohne Diabetes zeigt, dass junge Erwachsene mit Typ-1-Diabetes mehr mit Problemen wie sozialer Teilhabe, Arbeitslosigkeit2 und Depression zu kämpfen haben.1
Dieser Artikel kann Ihnen zwar nicht die Führerscheinprüfung abnehmen, aber hier sind einige Anregungen, um Ihnen das Leben mit Typ-1-Diabetes ein wenig zu erleichtern.
4 Tipps zum Umgang mit Ihrer neu gewonnenen Unabhängigkeit
1. Kennen Sie Ihre Rechte bei der Arbeit.
In vielen Ländern darf sich Ihr Arbeitgeber bzw. potenzieller Arbeitgeber nicht nach Ihrer Gesundheit erkundigen, es sei denn, dies hätte direkte Auswirkungen auf Ihre Arbeit. Häufig ist es jedoch gesetzlich vorgeschrieben, dass Ihr Arbeitsplatz so gestaltet ist, dass Ihr Arbeitsumfeld für Sie sicher ist, und dass er allen zumutbaren Anforderungen zum Schutz Ihrer Gesundheit gerecht wird.3 Das kann bedeuten, dass Sie um regelmäßige kurze Pausen zur Kontrolle Ihres Blutzuckerspiegels bitten oder bei Bedarf einen Snack zu sich nehmen dürfen.
2. Scheuen Sie sich nicht, um Hilfe zu bitten.
Auch wenn jetzt viel mehr Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Ihnen erwartet wird, ist es keine Schande, sich an andere zu wenden, wenn Sie weitere Hilfe benötigen. Da junge Erwachsene mit Typ-1-Diabetes im Vergleich zu Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes ein höheres Risiko für Depressionen aufweisen,1 sollten Sie unbedingt auf Ihre emotionale Gesundheit zu achten. Ihr Diabetes-Team kann Ihnen vielleicht hilfreiche Ressourcen nennen. Alternativ können Sie auch online nach einer örtlichen Selbsthilfegruppe suchen. Vielleicht lohnt es sich auch, mit Ihrer Familie über einen allmählichen Übergang in die Selbständigkeit zu sprechen, z. B. indem Sie Ihre Eltern bitten, Sie behutsam daran zu erinnern, Ihre Insulinvorräte zu überprüfen oder einen Termin beim Augenarzt zu vereinbaren.
3. Legen Sie Ihre Arzttermine fest (und halten Sie sie ein).
Junge Erwachsene nehmen Arzttermine häufig seltener wahr.2 Es ist nachvollziehbar, dass in dieser Lebensphase viele andere Dinge um Ihre Aufmerksamkeit buhlen, sei es die Bewerbung für ein Studium oder die Suche nach einer Wohnung, die Sie sich leisten können. Versäumte Besuche bei Ihrem Diabetes-Team können jedoch kurz- und langfristig kostspielige Folgen haben. Versuchen Sie nach Möglichkeit, diese Termine mit Vorrang zu planen und die anderen Termine vorher oder nachher zu legen. Vom Kopf bis zu den Zehen, Ihr Körper wird es Ihnen danken! (Vor allem, wenn man die 40 erreicht und nicht mehr so jung und gelenkig ist).
4. Nutzen Sie die Technologie, um Ihr Leben bestmöglich zu gestalten.
Die Diabetes-Technologie hat sich massiv weiterentwickelt. Sprechen Sie mit Ihrem Diabetes-Team darüber, was in Ihrem Land erhältlich und zugänglich ist. Warum versuchen Sie es nicht einmal mit einer kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) (https://www.medtronic-diabetes.at/uber-diabetes/was-ist-kontinuierliches-glukosemonitoring), anstatt sich täglich mehrmals in den Finger zu stechen? Anstatt nachts aus Angst vor einer Unterzuckerung wach zu bleiben, können Sie Insulinpumpensysteme mit Automatikfunktionen ausprobieren. Viele Menschen mit Typ-1-Diabetes berichten, dass CGM ihr Leben völlig verändert und ihnen eine Freiheit und ein Gefühl der Sicherheit gegeben hat, das sie vorher nicht kannten. Moderne Insulinpumpentherapie mit CGM-Technologie kann Sie maßgeblich für eine bessere Diabeteseinstellung unterstützen und Sie sowohl vor hohen als auch niedrigen Blutzuckerwerten schützen. Ihr Diabetes-Team wird Sie beraten, wie Sie Ihr Leben mit dieser Technologie bestmöglich erleichtern können.
Abschließende Gedanken
Das junge Erwachsenenalter ist eine aufregende Zeit, voll von überwältigender Selbstständigkeit. Mit zunehmender Unabhängigkeit und Freiheit geht jedoch das Paradoxon einer größeren Verantwortung einher. Lassen Sie diesen Lebensabschnitt nicht zum Verhängnis für Ihre Diabeteseinstellung werden – Sie haben noch etliche Jahrzehnte vor sich!
Literatur
- Gutierrez-Colin A, Corathers S, Beal S, Baugh H, Nause K, Kichler J. Young Adults With Type 1 Diabetes Preparing to Transition to Adult Care: Psychosocial Functioning and Associations With Self-Management and Health Outcomes. Diabetes Spectrum. 2020;33(3):255-263.
- Bronner M, Peeters, M, Sattoe J, et al. The impact of type 1 diabetes on young adults’ health-related quality of life. Health Qual Life Outcomes. 2020; 18:137.
- JDRF. Work: to tell or not to tell? https://jdrf.org.uk/. 2021. Available at: https://jdrf.org.uk/information-support/living-with-type-1-diabetes/everyday-life/work/. (Accessed January 2022).