Skip to main content

WAS HABEN SENSORUNTERSTÜTZTE MUSIK UND DIE SENSORUNTERSTÜTZTE INSULINPUMPENTHERAPIE GEMEINSAM?

« WeCare Blog | Dezember 6, 2017 |
Lifestyle
med

Matthias ist Professor für Klarinette an der Zürcher Hochschule der Künste. Schon als kleiner Junge war er fasziniert vom Klavier zu Hause. Das Musikerleben mit all seinen Facetten begeistert ihn bis heute. Er ist international als Solist und Kammermusiker tätig und komponiert regelmässig Stücke für Kinder. Matthias hat seit 5 Jahren Diabetes Typ 1 und trägt die Minimed 640G und nutzt die Funktion der kontinuierlichen Glukosemessung(CGM).  

 

Sie haben Diabetes Typ1 erst spät, mit 45 Jahren, bekommen. Wie war das damals für Sie?

Es kam natürlich sehr überraschend und auch etwas schockierend. Letztlich aber erklärbar, da es vermutlich ein Ventil für meinen Körper war; ich befand mich in einer sehr belastenden Lebensphase. Der Diabetes hat sich bei mir eher langsam entwickelt, mit einer sehr langen „Honeymoon-Phase“ und einem geringen Insulinbedarf. Ich habe zu Beginn auch meine Lebensweise stark verändert und sehr auf meine Ernährung geachtet. Heute habe ich mich mit meinem Diabetes sehr gut arrangiert. Ich bin sehr dankbar, dass es solch gute Therapiemöglichkeiten gibt und vor allem, dass ich keine schlimmere Krankheit habe.

 

Sie haben sich sehr schnell für die Insulinpumpentherapie mit der MiniMed 640G mit CGM entschieden. Wieso war das so wichtig für Sie?

Für mich war damals vor allem ein gut funktionierendes Glukosemess-System wichtig. Als ich von der der Medtronic Insulinpumpe mit integriertem CGM hörte, dachte ich „warum nicht gleich das ganze System, statt nur CGM?“. Ich habe das System ausprobiert und war sehr zufrieden. Der Sensor hat mir vor allem geholfen, meinen Diabetes besser einzuschätzen und die Reaktionen meines Körpers zu verstehen. Was passiert mit meinen Glukosewerten zum Beispiel beim Essen, bei Bewegung, bei Stress und in Alltagssituationen? Auch die Insulindosierung ist für mich viel einfacher, wenn ich die Auswirkung sofort sehe.

 

med

Welches sind die grössten Herausforderungen in Ihrem unregelmässigen Alltag?

Eine Eigenheit meines Alltags ist, dass kein Arbeitstag oder Arbeitswoche gleich ist. Der Unterricht an der Hochschule, die Proben, Reisen zu Konzerten, Auftritte und Sitzungen wechseln sich ab. Mein Tag ist immer anders, oft stressig und nie regelmässig. Mit der Pumpe und dem Sensor bin ich sehr flexibel, kann schnell reagieren und auch die unregelmässigen Essenszeiten gut handhaben. Ich habe dank Pumpe und CGM mittlerweile auch viel Erfahrung und ein gutes Gefühl entwickelt, wie ich in bestimmten Situationen reagieren muss. Auch mein Langzeitwert HbA1c ist sehr gut.

 

Sind Sie nervös vor Konzerten und haben Sie spezielle Einstellungen auf der Pumpe für Ihre Auftritte?

Nervös bin ich im Normalfall nicht, sondern eher im positiven Sinne „gespannt“ und besonders konzentriert. Nervös wäre ich, wenn ich das Gefühl hätte, ich könnte meine oder die Erwartungen der Anderen nicht erfüllen. Auf der Pumpe habe ich dafür keine besonderen Einstellungen, sie unterstützt mich ideal.

 

Gab es schon unangenehme Situationen bei einem Konzert wegen einer Hypoglykämie?

Nein, zum Glück nicht. Bei mir ist es so, dass ich Hypos in unerwarteten Situationen bekomme, wenn ich nicht damit rechne oder die Aktivität in diesem Moment unterschätze. Zum Beispiel beim Unterrichten an der Hochschule oder beim vermeintlich harmlosen Sonntagsspaziergang. Wenn ich mich bewusst auf eine Aktivität vorbereite und die Einstellungen vornehme, gibt es keine Probleme. Der Sensor hilft mir natürlich immer, die „Gefahr“ frühzeitig zu erkennen.

 

Wissen Ihre Kollegen im Orchester, dass Sie Diabetes haben?

Ja natürlich, ich bin da mittlerweile sehr offen. Am Anfang sprach ich noch nicht so offen über meinen Diabetes und ich verstehe, dass gerade junge Leute vielleicht mehr Probleme damit haben. Bei Jugendlichen ist es wichtig, dazu zu gehören und gleich zu sein wie die Kollegen. Ich denke aber, es ist wichtig, offen darüber zu sprechen.

 

Eines Ihrer bekanntesten Projekte in der Musik ist SABRe (Sensor Augmented Bass clarinet), die sensorunterstützte Bass-Klarinette. Die Medtronic MM640G mit dem CGM System nennt man SUP (Sensorunterstützte Pumpentherapie). Was hat es mit SABRe auf sich und gibt es Parallelen zur SUP?

Ja, das Prinzip und die Philosophie dahinter sind tatsächlich ähnlich. Ich messe mit Sensoren Daten beim Spielen und kann diese danach via Computer in mein Betriebssystem übertragen. Von dort können diese Daten benutzt werden, um beispielsweise die Musik oder das Licht zu steuern.

Die Parallelen zwischen SABRe und SUP sind zum Beispiel, dass natürliche Daten aus dem menschlichen Körper, beziehungsweise aus dem natürlichen akustischen Instrument, in die digitale Welt übertragen werden und dort Steuerungen übernehmen. Auf der Bühne entsteht Licht, bei der Pumpe schaltet sich die Basalrate ab, da ein Hypo droht. 

Bei der Pumpe sind dank den Sensoren auch sehr präzise Einstellungen möglich, es gibt individuelle Profile, die unterschiedlich auf den Körper einwirken. In der Musik ist die Sensorunterstützung eine Weiterentwicklung und bietet neue Möglichkeiten mit dem Instrument. Ich sage immer, ich bin ein „sensorunterstützter Mensch“ sowohl auf der Bühne als auch im Alltag! 

 

Haben Sie eine Message für andere Diabetiker?

Die Insulinpumpe mit CGM ist für mich die beste Therapie und  ich empfehle allen, sie möglichst bald nach der Diagnose einmal auszuprobieren. Mir wurden damals die Augen geöffnet. Ohne Pumpe und CGM fühlte ich mich manchmal wie in einem Labyrinth, ohne wirkliche Orientierung oder Information, was gerade in meinem Körper passiert. Ein einzelner Blutzuckerwert bot mir nicht genügend Informationen, da ich nicht wusste, was vorher war und was hinterher passiert. Mit Pumpe und CGM kann ich mich viel klarer und schneller orientieren und einfacher reagieren.